Sonntag, 4. März 2012

Mozambique-Vibrations

Óla, amigos!
Mein letzter Blogeintrag ist schon länger als ein Weilchen her und es gibt einiges zu erzählen. Waterford wird langsam aber sicher zu meinem zweiten zu Hause, einem zu Hause das so vielfältig ist, das jeden Tag neue Erfahrungen bietet, wenn man sie sucht, einem zu Hause das auch aus einem eigenen privaten Raum besteht, den ich persönlich wirklich sehr genieße und für meine Schulvorbereitungen auch brauche. 
Zwei berichtenswerte Ereignisse sind die Swimming-Gala und natürlich das wunderbare Wochenende in Mosambik.
Am Mittwoch vor Midtermbreak versammelte sich die gesamte Schule samt Lehrerschaft um den Pool. Alle Schüler sind für Wettkämpfe (wie z.B auch Athletik-Wettkämpfe nächsten Dienstag) willkürlich in drei verschiedene Häuser eingeteilt: Stern, Henderson und Guedse. In jedem Haus sind Schüler aus allen Forms und den IB-Jahrgangsstufen. Ich bin in Stern. An diesem Mittwoch sollten also die Häuser gegeneinader schwimmen und ich in 6 Disziplinen für die unter 20-Jährigen. In den ersten beiden races, Schmetterling und Freestyle verlor ich knapp, in Rückenschwimmen deutlich. Meine Stimmung hatte einen Tiefpunkt erreicht. Dann kam meine Disziplin: Brustschwimmen. Mit einem schönen Vorsprung gewann ich dieses Rennen und der Tag war gerettet. Es herrschte eine brilliante Stimmung. Jeder feuerte sein Team an und es machte richtig Spaß zuzuschauen. Letztendlich verlor mein Haus die Swimming-Gala mit Abstand. Macht nichts, es folgen weitere Wettkämpfe. Tuure, mein finnischer Freund hat einige beeindruckende Bilder gemacht, die unter der Rubrik “Fotos Gala” einen kleinen Eindruck von dem Ereignis geben.
Nachdem ich mein Zimmer für einen Schüler aus Elangeni geräumt hatte, der über Midtermbreak in Waterford bleiben wollte (nur Emhlabeni blieb offen) ging es mit dem Bus nach Maputo. Die fahrt dauerte etwa fünf Stunden und wurde durch eine Stunde Wartezeit an der Grenze noch verlängert. Mit Großraumtaxis kamen wir in unsere Jugendherberge “Fatimas” an, ein wunderbarer Platz. Hängematten und Liegestühle auf dem Flachdach, Bar, 10-Bettzimmer, Duschen, Guards vor dem Eingang und zwei Deutsche, die nach ihrem Studium durch Südafrika reisen. Wir hatten alle einen Riesenhunger, konnten aber auch nach 2-stündiger Suche kein Lokal finden, das alle 22 Gemüter zufrieden gestellt hätte. Das ist eines der Probleme in Großgruppen. Auf uns Touristen wartende Polizisten hielten uns zwei mal an, um die Pässe zu kontrollieren, Strafgebühr für das Mitführen einer leeren Bierflasche einzufordern (Trinken in der Öffentlichkeit ist in Mosambik verboten) und uns von einer, für Fußgänger verbotenen Straße, zu verjagen. Wie gut das wir einen Portugies-Speaker aus Venezuela dabeihatten. Eine Pizzeria rettete dann unseren Abend. 
Am Samstag machte ich mich mit Laerke, Andrea, Lisa, Alma und Tuure auf den Weg, um die Stadt zu erkunden. Auf dem Arts- and Crafts-market boten ca. 30 Händler aggresiv anpreisend eine nahezu gleiche Ware an und hatten bei uns teilweise auch Erfolg. Nächstes Ziel war der berühmte Fischmarkt von Maputo. Den besten Eindruck hiervon geben, denke ich, die Photos auf meinem Blog. 
Nachdem sich Tuure einer anderen Gruppe angeschlossen hatte, entschieden wir uns einen Eindruck vom Maputo-Strand zu gewinnen. Erster Eindruck: viel Müll, dunkelbraunes Wasser, wir sind die einzigen Nicht-Einheimischen weit und breit, unzählige planschende Kinder zwischen den Wellen. Letzteres weckte die Badelust in Alma, Andrea und mir und unter staunenden Blicken der einheimischen Bevölkerung genossen wir das 30°C-warme Wasser. Die Kinder blieben erst einmal in sicherer Entfernung angesichts dieses weißen Riesens, der ihren täglichen Badeplatz heimsuchte. Nachdem ein wagemutiger Junge mir seine Schwimmkünste zu präsentieren versuchte, wir ein kurzes Gespräch begannen und ich ihn kreiselartig durchs Wasser zog, war das Eis gebrochen und zwanzig Kinder wollten gleichzeitig von meinem Rücken springen und in die Luft geworfen oder durchs Wasser gezogen werden. Die Mädchen sahen es als ihre Aufgabe an das ganze zu dokumentieren und so entstanden haufenweise Photos und einige Videos. 
Man kann eine ganze Woche in Maputo verbringen ohne die eigentliche Bevölkerung zu erleben, wenn man fast alle Plätze meidet und jeden Weg mit dem Taxi fährt. Das war definitv nicht unser Ziel. Also nahmen wir einen public bus zusammengequetscht mit 20 Menschen zurück Richtung Hostel. 
Ich verbrachte dann die gesamte Nacht bis 5 Uhr mit etwa 10 anderen Waterfordians in Coconuts, eine von Maputos Discos. Zwei Männer versuchten mir nacheinander meinen Geldbeutel zu stehlen, wozu sie aber einen Knopf öffnen mussten, was mir natürlich auffiel. Ansonsten war der Abend ein super Erlebnis ohne weitere Zwischenfälle. 
Sonntag war der Tag mit den meisten Eindrücken. How come...? 
Laerkes Familie beherbergt reisende Jugendliche in Dänemark. Unter diesen Jugendlichen befand sich vor einigen Jahren auch Laura aus Maputo. Sie erklärte sich bereit uns mit Auto den ganzen Tag durch die Stadt zu führen und uns ihre Heimat zu zeigen. Wir sahen ein gespenstisch leeres Einkaufszentrum, das internationale Markenware für die Reichen Maputos verkauft. Hier kommst du nur weiß oder mit der richtigen Bekleidung rein. Laura zeigte uns zusammen mit ihrem Freund eine aktuelle Ausstellung über Albinos mit vielen Photos, die das Leben der, oft durch Vorurteile ausgegrenzten oder sogar gejagten Minderheit zeigten. Viele Eindrücke, Texte und Bilder, die ich dort sah werden noch lange in meiner Erinnerung bleiben. Nach der Besichtigung des 100 Jahre alten Bahnhofs und des Gemüsemarktes, auf dem wir eine Menge Salat, Avocados und mehr für unser Abendessen einkauften, fuhr uns Laura zu ihrem Haus außerhalb der Stadt in einem Township. Ihre Schwester empfing uns freudig und servierte uns gekühlte Getränke. Die beiden Schwestern leben zusammen in diesem Haus mit ca. 5 Zimmern, Blechdach und Bananen- und Mangobäumen im Vorgarten. Die Nachbarsfamilie produziert Blechtöpfe mit einem Gerät, das einen Metallteller dreht. Wenn man nun mit einer Art Stemmeisen den Metallteller gegen eine Form drückt formt sich, wie beim Töpfern eine Schale, die langsam zum Topf wird. Als die Hausmutter sah, wie fasziniert wir ihrem Mann zusahen, schenkte sie uns einen kleinen Topf als Erinnerung. Es ist beeindruckend als Tourist, Geschenke von fremden Menschen zu bekommen, die gerade so genug Geld zum Leben haben. Zum Abschied sangen die Nachbarsfrauen und tanzten mit uns auf afrikanische Weise. Ganz erfüllt von diesem unverhofften Erlebnis setzten wir uns wieder ins Auto, um Lauras Bruder zu besuchen. Er ist Architekt und hat sich sein eigenes Haus mit Elektrosicherheitszaun und vergitterten Fenstern gebaut, das er uns stolz präsentierte. Während die Verständigungsprobleme in dem Township mit Gesten und Tanzen wunderbar überbrückt wurden, schauten wir hier stattdessen Fußball mit unseren Gastgebern. Die Situation war etwas kalt und gezwungen, obwohl sich die Familie sehr interessiert zeigte. Es war sehr aufschlussreich diese beiden Welten direkt nacheinander zu erleben. 
Durch die Bemühungen von Laura und ihrem Freund hatten wir einen wunderbaren Tag, für den uns einige der anderen Waterfordians, die beim Hostel blieben beneideten. 
Ein weiterer “UWC-Moment” war das gemeinsame Zubereiten des Abendessens. Wir machten eine wunderbare Guacamole und Sala, während wir über das Erlebte sprachen.
Schon nach drei Tagen ist Maputo nun eine meiner Lieblingsstädte, wahrscheinlich aber vor allem, weil es die erste Stadt ist, die sie sich einfach vollkommen von jeder bekannten, europäischen Stadt unterschied. Ich komme wieder!
Der Alltag hier auf dem College hat nun wieder begonnen, meine Freundschaft zu Laerke, Andrea, Lisa, Alma und Tuure ist durch unseren gemeinsamen Trip aber enorm gewachsen.
Kommentare und Fragen sind natürlich wie immer gerne willkommen!!!
Enjoy Life,
Julian

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